Berlin. Krise am Bau und explodierende Mieten – bei „Hart aber fair“ geht es wild durcheinander und immer wieder um die Mietpreisbremse.

65 Quadratmeter, zwei Zimmer, 900 Euro kalt – so lebt eine vierköpfige Familie in Berlin. Alle schlafen in einem Zimmer, das Wohnzimmer ist auch das Kinderzimmer für die beiden drei Jahre alten Kinder. Seit vier Jahren sucht die Familie eigenen Angaben zufolge.

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Der Familienvater erzählt bei „Hart aber fair“ von über 300 Anfragen bei gängigen Wohnungsportalen in dieser Zeit. Rund zehn Prozent davon seien überhaupt beantwortet worden, bei rund drei Prozent sei man zu einem Besichtigungstermin eingeladen worden. Eine neue Wohnung – vier Zimmer für bis zu 1700 Euro – sei bislang nicht angeboten worden.

Auch Frau Maschmann aus Hannover ist seit vier Jahren auf der Suche. Mit ihren zwei Teenagern lebt die Alleinerziehende in einer Dreizimmerwohnung – allerdings mit sehr kleinen Zimmern, wie sie sagt. Antworten auf Anzeigen, Social-Media-Aufrufe und Nachrichten in gängigen Portalen bekommt sie „so gut wie nie”. „Die Nachfrage ist so groß, die können sich ja nicht 100 Nachrichten anschauen”, vermutet sie.

„Hart aber fair“: Das waren die Gäste:

  • Kevin Kühnert (SPD), Generalsekretär
  • Gitta Connemann (CDU), Bundestagsabgeordnete, Bundesvorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT)
  • Heidi Reichinnek (Die Linke), Vorsitzende der Bundestagsgruppe
  • Tine Wittler, Autorin und Moderatorin
  • Hermann-Josef Tenhagen, Wirtschaftsjournalist („Finanztip”)
  • Jürgen Michael Schick, Immobilienunternehmer und Ehrenpräsident des Immobilienverbands Deutschland

Moderator Louis Klammroth will an diesem Montagabend von seinen Gästen wissen, wie jeder Mensch in Deutschland angemessen und bezahlbar wohnen kann. Heidi Reichinnek (Die Linke) ist sich sicher: „Wir brauchen einen Mietendeckel” – eine Forderung, die die Politikerin im Laufe des Abends immer wieder wiederholt. Außerdem fordert sie mehr sozialen Wohnungsbau von öffentlicher Hand.

Schnell konzentriert sich die immer wieder eskalierende, wirre und laute Debatte um einen zentralen Punkt – und zwar die Mietpreisbremse. Die gilt seit 2015 in 415 deutschen Städten und Gemeinden. Vermietende müssen sich bei Neuvermietungen daran halten. Die Miete darf in diesen Fällen nur zehn Prozent über der ortsüblichen Miete liegen. Allerdings gibt es sechs Ausnahmefälle – darunter beispielsweise möblierte Wohnungen oder Neubauten.

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Tine Wittler ist Autorin und Moderatorin und sagt: „Bei der Mietpreisbremse wird die Verantwortung auf den Mieter abgewälzt.” Die würden in eine Position gebracht, in der sie mit ihrem Vermieter in den Fight gehen”. Zudem bestehe immer die Gefahr, dass der Vermieter einen rauswerfe, wenn man diesen Weg gehe. Hinzu komme, dass viele im Ausland sitzende Investoren überhaupt nicht für Mietende erreichbar seien.

Hermann-Josef Tenhagen ist Wirtschaftsjournalist und findet es „sehr ungewöhnlich”, dass man als Mieter oder Mieterin in Sachen Mietpreisbremse den ersten Schritt selbst machen muss. Außerdem prangert er an: „Die Vermieter müssen das Geld zurückzahlen, aber ansonsten passiert nichts.” Mietenden rät er, sich an Mietervereine, Finanzdienstleister oder eine Anwältin zu wenden. Denn es handle sich um „ein Phänomen, wo sich Leute nicht an geltende Gesetze halten” und dafür müsse eigentlich der Staat sorgen, so der Journalist.

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„Die Mietpreisbremse hat Defizite, wir müssen die Lücken schließen”, gibt Kevin Kühnert (SPD) zu. Doch nicht nur bei der Mietpreisbremse sieht die Diskussionsrunde Lücken, auch in Sachen Neubau geht es schleppend voran. 400.000 neue Wohnungen pro Jahr hatte die Ampel-Regierung versprochen. Diese Ziele verfehlt sie bislang aber bei Weitem. So wurden 2023 nur 260.000 neue Wohnungen genehmigt.

CDU-Politikerin bei „Hart aber fair”: „Sinkende Förderungen sind ein Problem”

Gitta Connemann (CDU) sieht die Wurzel des Problems vor allem in den „sinkenden Förderungen bei gleichzeitig steigenden Auflagen”. Hinzu kämen steigende Zinsen und höhere Materialkosten. Laut einer Aufstellung des zentralen Immobilienausschusses (ZIA) sind 37,1 Prozent der Baukosten staatlich bedingt, so eine Einblendung während der Sendung.

Kühnert gibt zwar zu bedenken, dass darin auch fünf Prozent Gelder für den sozialen Wohnungsbau enthalten seien, sagt aber auch: „Die allermeisten in der Politik sind sich einig”, dass man hier Bürokratieabbau betreiben könne. Man sei sich „in der Zielsetzung einig, aber nicht in den Maßnahmen,” so der SPD-Politiker. Doch, wie diese Maßnahmen konkret aussehen könnten, wird fernab einer möglichen Streichung der Grunderwerbsteuer an diesem Abend nicht mehr besprochen.